Artenreiches Refugium mit Potenzial zum nationalen Naturerbe

Für Eberhard Büttgen gehört das ehemalige Camp-Astrid-Gelände zu den ökologisch wertvollsten Gebieten in der gesamten Städteregion. Der Vorsitzende des Fördervereins Propsteier Wald war jetzt Gastreferent bei einem Vortragsabend der Eschweiler Grünen.

Eberhard Büttgen, Vorsitzender des Fördervereins Propsteier Wald. Foto: Röhrig
Zum ökologisch wertvollen Propsteier Wald gehören auch vom Bäumen freigehaltene Wiesenflächen, auf denen Galmei-Veilchen und Orchideen wachsen. Foto: Förderverein Propsteier Wald

Nein, der Propsteier Wald ist kein über viele Jahrhunderte ungestört gewachsenes Naturreservat voll mit uralten Buchen oder Eichen. Im Gegenteil: Auf der Jagd nach Holz, Kohle oder Eisenerzen haben erst die Römer und Kelten, später dann beispielsweise der EBV und andere Grubenbetreiber das Waldgebiet im Westen der Indestadt ohne große Rücksicht auf Verluste ausgebeutet. Auch das belgische Militär ist in der Camp-Astrid-Zeit von 1948 bis 1995 nicht zimperlich mit dem Propsteier Wald umgegangen.

Doch die Natur ist stark: Seit nach dem Abzug der Belgier Ruhe eingekehrt ist und die militärischen Altlasten nach und nach beseitigt worden sind, hat sich die Tier- und Pflanzenwelt in relativ kurzer Zeit erstaunlich gut entwickelt. „Wenn der Propsteier Wald auch formal unter Schutz gestellt ist, wird er nach Aussagen von Fachleuten zu den besten Naturschutzgebieten in der gesamten Städteregion Aachen gehören. Flora und Fauna sind in der Tat enorm vielfältig, teils einzigartig“, schwärmt Eberhard Büttgen.

Mehr noch: Der Vorsitzende des 2012 gegründeten Fördervereins, der hauptberuflich im städtischen Planungsdezernat für nachhaltige Entwicklung zuständig ist, sieht gute Chancen, dass der Propsteier Wald sogar zum nationalen Naturerbe erklärt werden könnte. Das ist noch eine Stufe höher als ein herkömmliches Naturschutzgebiet (NSG). „Als nationales Naturerbe würde der Propsteier Wald unter der Obhut des Bundes dauerhaft gepflegt und geschützt“, so Büttgen, „und das hätte er auch verdient.“

Soweit ist es allerdings noch nicht. Schon das vorgeschaltete Verfahren zur Ausweisung als Naturschutzgebiet, das unter der Federführung der Bezirksregierung gerade neu aufrollt wird, kann noch etwa fünf Jahren dauern.

Wege werden geöffnet

Umso schöner, dass naturverbundene Bürgerinnen und Bürger den Propsteier Wald schon viel früher besser kennenlernen können. Voraussichtlich kurz nach den Sommerferien wird ein neues Fuß- und Radwegenetz im Herzstück des Waldes freigegeben. Nach dem Abzug der Belgier war das Gebiet aus Sicherheitsgründen zunächst komplett gesperrt geblieben. Nach und nach wurden dann einige Wege geöffnet; in Kürze erfolgt nun der nächste große Schritt.

Dabei hofft Eberhard Büttgen, dass die Besucher die gekennzeichneten Routen nicht verlassen und pfleglich mit dem kostbaren Wald umgehen werden. Denn dort haben sich viele Arten angesiedelt, die Schutz und Ruhe brauchen. Es wurden schon Wildkatzen und Schlingnattern gesichtet, ebenso seltene Spechte, Schmetterlinge, Uhus, Eisvögel und Steinkäuze. Mehrere Tümpel dienen beispielsweise der Gelbbauchunke als Lebensraum.

Vor allem aber sind acht besonders schützenswerte Fledermausarten nachgewiesen. „Für sie ist der Propsteier Wald ein richtiger Hotspot. Da kann auch der allseits bekannte Hambacher Wald nicht mithalten“, so Büttgen. Zu den wichtigen Pflanzen in dem gut 350 Hektar großen Gebiet, in dem zu Gunsten von Wildgrasflächen bewusst einige Zonen von Baumbewuchs freigehalten werden, gehören das Galmeiveilchen und diverse Orchideen.

Dass ein ökologisch so wertvolles Areal nicht von einem vor allem für den Schwerlastverkehr gedachten Autobahnzubringer vom Stolberger Hauptbahnhof zur A 4 durchschnitten werden darf, mit dem einige wenige politische Akteure im Zuge der Euregio-Railport-Planung immer noch liebäugeln, ist sonnenklar für den Förderverein, die Eschweiler Grünen, ihre Koalitionspartnerin SPD, eine große Mehrheit im Stadtrat und in der Städteregion sowie die Eschweiler Verwaltungsspitze. „Ein solcher Straßenausbau wäre mit dem Naturschutz absolut nicht zu vereinbaren und sollte ein für allemal ad acta gelegt werden“, betont Grünen-Fraktionssprecher Dietmar Widell und wirft angesichts der höchst problematischen Verkehrsanbindung die Grundsatzfrage auf, ob der Stolberger Railport an dieser Stelle überhaupt sinnvoll sei – eine Frage, die sicherlich auch beim nächsten Vortragsabend des Grünen-Ortsverbands diskutiert wird.

Am Donnerstag, 1. Juni, ist die Aachener Landtagsabgeordnete Astrid Vogelheim ab 19 Uhr im Talbahnhof-Bistro (Raiffeisenplatz) zu Gast. Mitglieder und interessierte Gäste sind herzlich eingeladen.

 

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