Neuer Kämmerer

 

 

Bürovorsteher fällt die Treppe rauf

Eschweiler. Vom Büroleiter des Bürgermeisters zum Ersten Beigeordneten und Stadtkämmerer: Kurz vor Toresschluss hat die SPD-Ratsmehrheit ihrem Parteifreund Stefan Kaever noch einen feinen Karrieresprung beschert. Der von den Grünen und großen Teilen der übrigen Opposition gestützte Kommunalfinanzexperte René Schlösser hatte – weil die Eschweiler Genossinnen und Genossen auf fachliche Qualifikation offensichtlich keinen allzu großen Wert legen – bei der in der jüngsten Stadtratssitzung vollzogenen Wahl hingegen keine Chance.

Die Sozialdemokraten demonstrierten in der Sitzung zwar nicht unbedingt Verstand und Vernunft, aber immerhin eine beeindruckende Geschlossenheit. Zunächst lehnten sie den von Grünen-Sprecher Franz-Dieter Pieta begründeten Oppositionsantrag ab, die Wahl dem am 25. Mai zu wählenden neuen Stadtrat zu überlassen, weil dieser schließlich jahrelang mit dem neuen Kämmerer zusammenarbeiten muss. Abgelehnt wurde anschließend auch ein von der CDU initiierter Antrag auf Wiederwahl des amtierenden Kämmerers Manfred Knollmann.

Im entscheidenden Wahlgang setzte sich Kaever schließlich gegen Schlösser durch – sehr zum Leidwesen der Opposition, die sich aus guten Gründen für den in Langerwehe wohnenden Bewerber ausgesprochen hatte. Dass Schlösser SPD-Parteimitglied ist, war für Grüne, CDU, FDP, UWG und FPU kein Hinderungsgrund, denn der Mann punktet ganz einfach mit Fachkompetenz. Schlösser war lange in leitender Funktion in der Kämmerei der Großstadt Mülheim an der Ruhr tätig und ist derzeit Dozent an einer Hochschule für Öffentliche Verwaltung. Sein Fachgebiet: Kommunales Finanzmanagement und Externes Rechnungswesen.

„Ein Experte, der sich in Theorie und Praxis der kommunalen Haushaltswirtschaft so gut auskennt, hätte der Stadt Eschweiler angesichts unserer nach wie vor äußerst schwierigen Finanzlage sehr gut zu Gesicht gestanden“, erklärt Franz-Dieter Pieta, „doch die fachliche Qualifikation hat für die Sozialdemokraten offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Wichtiger als Schlössers Qualitäten waren den Genossen wohl Kaevers Nähe zum Bürgermeister und seine enge Verbundenheit mit der Eschweiler SPD.“

Mit finanzwirtschaftlicher Kompetenz und Erfahrung, die in der Stellenausschreibung ausdrücklich gefordert worden war, kann Stefan Kaever (aktuell Stadtpressesprecher und Leiter der Bürgermeisterbüros) jedenfalls nicht glänzen. Der neue zweite Mann in der Rathaus-Hierarchie, der seinen Dienst in neuer Funktion am 1. August antritt, steht zwar seit mehr als 25 Jahren in Diensten der Stadt Eschweiler, war aber nie in der Stadtkämmerei tätig und kann in Sachen Neues Kommunales Finanzmanagement nur einige Fortbildungsveranstaltungen vorweisen. „Kaever ist sicherlich ein tüchtiger Beamter“, so Franz-Dieter Pieta, „wir haben aber erhebliche Zweifel, dass er den komplexen Aufgaben des Stadtkämmerers gewachsen ist. Er wird sich bei der haushaltswirtschaftlichen Feinarbeit ganz auf die ihm unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kämmerei verlassen müssen. Uns wäre als Dezernatsleiter für Finanzen ein Chef lieber gewesen, der nicht weniger, sondern mehr weiß als die ihm untergeordneten Kollegen. Und vor allem wäre uns ein Kämmerer lieber gewesen, der in den nicht immer einfachen Verhandlungen mit der Kommunalaufsicht den dort tätigen Experten fachlich das Wasser reichen kann.“

Solche Erwägungen spielen jedoch für die SPD offenbar keine große Rolle. Ihre Abweisung des fachlich eindeutig besser qualifizierten auswärtigen Bewerbers erweckt den Eindruck, dass die SPD-Fraktion die Entscheidung pro Kaever wohl schon vor der Ausschreibung gefällt hat und dass das ganze Stellenbesetzungsverfahren letztlich nur noch eine Formsache, um nicht zu sagen eine Farce war. Nicht wenige Beobachter der Szene vermuten deshalb, dass es eigentlich gar nicht darum ging, den bestmöglichen Stadtkämmerer für Eschweiler zu finden – sondern eher darum, frühzeitig einen Parteifreund in exponierte Stellung zu bringen, der irgendwann vielleicht auch als Bürgermeisterkandidat in Betracht kommt. Dies mag ein cleverer taktischer und strategischer Schachzug sein. Dass er dem finanziellen Wohlergehen der Stadt dient, darf bezweifelt werden.

 

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