Dos Santos (CDU) begründete ihr Abstimmungsverhalten auf Social Media damit, dass man in einer Demokratie nun einmal Mehrheiten suchen müsse, dies aber noch keine Zusammenarbeit sei. Außerdem bedauert sie, dass immer nur über das Vorgehen diskutiert werde, nicht über den Antrag. Die Alsdorfer Grüne Janine Ivančić hat mit einem offenen Brief geantwortet, den auch die Eschweiler Grünen euch gern zur Kenntnis geben:
Liebe Frau dos Santos,
ihre Fraktion hat nicht nach Mehrheiten in der Mitte gesucht. Im Antrag gibt es rechtswidrige Ansätze (Genfer Flüchtlingskonvention). Es geht um dauerhafte Grenzkontrollen, die nicht mit EU-Recht vereinbar sind. Es geht darum, auch als Bürger und Bürgerinnen der Grenzregion, Freiheiten zu verlieren. Allein der Titel „Zustrombegrenzungsgesetz“ zeigt, dass es nicht um Menschlichkeit geht. Sondern um einen technischen Vorgang. Als würde man irgendwo eine Klappe umlegen und die Menschen verschwinden einfach. Ihr Antrag hätte den Täter von Aschaffenburg nicht betroffen – wohl aber vermutlich eines der Opfer. Was eigentlich fehlt, wurde – auch von der Ampel – im Haushalt weiter gekürzt: Psychosoziale Betreuung traumatisierter Menschen, die oft auf engem Raum zusammengepfercht leben müssen. So viel zum Inhalt.
Jetzt zum Vorgehen: Sie WUSSTEN, dass SPD, Grüne und Linke nicht zustimmen würden. Es gab weitere Gesprächsangebote zumindest von den Grünen, Kompromisse auszuhandeln. „Mehrheiten suchen“ bedeutet in dem Fall, AfD finden. Die AfD hat angekündigt, zuzustimmen. Sie sieht es als Sieg. Und genau das ist es, was der AfD und den Menschen signalisiert: Um populistische (und zum Teil rechtswidrige) Politik umzusetzen, arbeiten Sie gerne auch mit Menschen zusammen, die inzwischen sehr offen rechtsradikal handeln und auf ihren Wahlplakaten „Remigration“ fordern.
Geschichtsvergessen sind die Proteste nicht. Ich habe Geschichte studiert. Meine Bachelorarbeit über Homosexuelle in der Weimarer Republik geschrieben. Es waren die konservativen Parteien, die den Aufstieg der NSDAP möglich machten durch Zusammenarbeit. Durch Diskursverschiebung und die Verunglimpfungen gegenüber der SPD (, die wiederum alles tat, um als Volkspartei gesehen zu werden und gegen die KPD schoss). Auch dieses Video ist Teil der Diskursverschiebung. Dinge sagbar und machbar machen, die es eigentlich nicht sind.
Ich danke Ihnen jedoch sehr für dieses Video. Es zeigt, dass es nicht Fraktionszwang war. Sondern, dass der Antrag tatsächlich die Politik ist, die Sie als Abgeordnete machen möchten.
Ich hoffe, das gibt einigen Menschen zu denken, die CDU wählen wollen, um AfD zu verhindern.
Herzliche Grüße
Janine Ivancic